Fotografie und Literatur

Signaturen
Deutschlandradio Kultur - 18. 05. 2014,  0.05 Uhr

Fotografie und Literatur sind einander ergänzende Künste. Könnte man sagen. Oder sind sie einander überlagernde Künste? Oder parallele Künste? Ist die fotografische oder die literarische Wahrnehmung die unterschiedliche Auffassung desselben Ereignisses, oder nehmen Fotograf und Literat unterschiedliche Dinge? Artisten beider Professionen hinterlassen auf der Wahrnehmung ihre Signaturen.
Ein Abgrund? Durch die Elektronisierung der Kameras ist Fotografieren ein Jedermann-Sport geworden. Ein schnelles Bild zu machen ist heute so normal wie Ein- und Ausatmen. Kürzlich haben Psychologen sogar vor der Verarmung der Wahrnehmung gewarnt, weil ein Ereignis nicht mehr erlebt, sondern fotografiert wird.
Man könnte historisch vorgehen:  Lewis Carroll, der Schöpfer von "Alice im Wunderland" u.a., war ein leidenschaftlicher Fotograf. Er fotografierte Schriftstellerkollegen, vor allem aber ein kleines Mädchen, das in verschiedenen Kostümen und Rolle auftrat - eine Anregung für "Alice". (Seine Aktfotos von ihr wären im derzeitigen politischen Klima kaum vorzeigbar.)
Dann Rolf Brinkmann: "Rom, Blicke" ist der Rom, das Tagebuch, die Stadtbeschreibung seines Villa-Massimo-Aufenthalts in Rom, eine Kollage aus Texten, eigenen Fotos und gefundenen, gesammelten Bildern, die die Grenzen des bis dahin üblichen Schreibens überwinden. Wilde Texte.
Arno Schmidt, Hubert Fichte und Leonore Mau, Thomas von Steinaecker, Zsofia Bán - das sind einige der Themen und Interview-Partner, die in dieser Sendung auftreten.
Und dann gibt es noch ein neues Magazin: "Still" ein "Magazin für junge Literatur & Fotografie" gibt (erscheint 2 x jährlich), das den Zusammenhang zwischen dem Erfassen eines Bildes und dem Schreiben wieder neu aufrollen möchte.  
Wenn man sich die Entwicklung anschaut, die Literatur und Fotografie gemeinsam gegangen sind und gehen, könnte man zu dem Schluss kommen, dass noch viele neue Kunstformen darauf warten, entdeckt und entwickelt zu werden.